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Hier erfahrt ihr ein wenig genauer, um was es in unserem Spiel geht. Wie kam es zu der jetzigen Situation? Was sind die Hintergründe? Wenn ihr noch mehr Infos zu einem speziellen Bereich braucht, zögert nicht, uns anzuschreiben.
Hier erfahrt ihr ein wenig genauer, um was es in unserem Spiel geht. Wie kam es zu der jetzigen Situation? Was sind die Hintergründe? Wenn ihr noch mehr Infos zu einem speziellen Bereich braucht, zögert nicht, uns anzuschreiben.
"Nichts ist eines Kulturvolkes unwürdiger, als sich ohne Widerstand von einer an Ort tretenden Herrscherclique regieren zu lassen. Ist es nicht so, dass sich jeder ehrliche Bürger des Kaiserreichs heute seiner Regierung schämt, und wer von uns ahnt das Ausmaß der Schmach, die über uns und unsere Kinder kommen wird, wenn dereinst der Schleier von unseren Augen gefallen ist? Wenn das Volk schon so in seinem tiefsten Wesen korrumpiert und zerfallen ist, dass es, ohne eine Hand zu regen, im leichtsinnigen Vertrauen auf fragwürdige Gesetze das Höchste, das ein Mensch besitzt, nämlich den freien Willen, preisgibt - die Freiheit des Menschen preisgibt, selbst mit einzugreifen in den Fortschritt der Geschichte und ihn seinen vernünftigen Entscheidungen unterzuordnen - wenn die Bürger des Reichs, bar jeglicher Individualität, schon so sehr zur geistlosen Masse geworden sind, dann, ja dann verdienen sie den Untergang. Aber, das Kaiserreich kann nur unter der einzigen Bedingung fortdauern, dass der Geist des Volkes stillsteht. Wenn jeder wartet, bis der andere anfängt, werden die Boten der rächenden Nemesis unaufhaltsam näher und näher rücken, dann wird auch das letzte Opfer sinnlos in den Rachen des unersättlichen Dämons geworfen sein. Daher muss jeder einzelne seiner Verantwortung bewusst in dieser letzten Stunde sich wehren, soviel er kann, arbeiten wider die Geissel der Menschheit, wider den Stillstand im Geiste und im Leben, ehe die letzte Jugend des Volkes irgendwo verblutet ist.
STILLSTAND IST TOD – ES LEBE DER MOBILITARISMUS!"
Lange Zeit hatte man solche Worte nicht mehr gehört, geschweige denn gelesen im Kaiserreich. Sie stammen von Prof. Julius van Erlen, seines Zeichens Ordinarius am Lehrstuhl für Vitalmechanistische Philosophie der kaiserlichen Hofuniversität Hoch-Verding, der diese Worte knapp zwei Wochen nach der Hinrichtung von Prof. Mariella di Obsedi in einer öffentlichen Rede als Protest gegen die Verurteilung di Obsedis, mit welcher van Erlen eine enge wissenschaftliche Freundschaft verband, geäussert hatte und sich damit als Zweiter in die Liste der Verräter am kaiserlichen Edikt Nr. 27 einreihte und ebenfalls zum Tode verurteilt wurde. Seine Lehre des Mobilitarismus, die den wahren Sinn der menschlichen Existenz im fortwährenden Streben des Geistes nach der Entdeckung von Neuem sowie der Verbesserung des Bestehenden und der Umsetzung des geistig errungenen Fortschritts im täglichen Leben sah, wurde auf den Index gesetzt und jegliche Beschäftigung mit van Erlens Thesen galt von Stund an als Hochverrat. Die überaus seltenen Fälle derjenigen bekannten Personen, die in den letzten 37 Jahren dennoch mit van Erlens Irrlehren in Verbindung gebracht werden konnten, sind alle säuberlich in den Gerichtsakten der kaiserlichen Hofjustiz dokumentiert, wenn auch nicht zur Gänze öffentlich einzusehen, versteht sich.
Umso erstaunlicher ist es, dass ebendiese Worte van Erlens, von Hand auf einen Zettel geschrieben, wieder in Umlauf gelangten und das ausgerechnet im Block "Sommerfrische", einer der vielen Wohnanlagen zur Förderung der gesunden Lebensführung für die weniger begüterten Untertanen im Reich. Sie bildeten den Gegenstand einer angeregten Diskussion eines kleinen Grüppchens von Einwohnern des Blocks "Sommerfrische", deren Treffen zum Zwecke der diskursiven Auseinandersetzungen mit den Lebensverhältnissen im Kaiserreich natürlich bei Kerzenschein, im Verborgenen und unter strengster Geheimhaltung stattfand. Doch wes' das Herz voll ist, des geht der Mund über, wie es so schön heisst und was sie einander zu sagen hatten, hätte wohl van Erlens Zustimmung gefunden:
"Du sagst also, wir sind der dritte Stand. Neben der Kaiserin und den Herrschenden des ersten Standes, sowie den Günstlingen des zweiten. Schön, aber worauf willst du hinaus?"
"Darauf, dass wir nicht bekommen, was uns zusteht? Wer trägt denn das ganze Kaiserreich im Schweisse seines Angesichtes? Die Feldarbeiter, die Handwerker und Hersteller unserer Gerätschaften, die Kaufleute und Händler und nicht zuletzt die Menschen der Wissenschaft und der höheren Berufe bis hinunter zu den am wenigsten geachteten häuslichen Diensten. Wer trägt all diese Arbeiten, die die Gesellschaft stützen? Wir: der dritte Stand."
"Hör mal, ich bin nur ein einfacher Mann, der sich und seine Familie über die Runden bringen will. Was hab ich denn von deinem Geschwätz?"
"Nun schau doch mal: alles Mühselige wird durch den dritten Stand erledigt. Wenn man
die privilegierten Stände entfernte, wäre das Kaiserreich nicht etwas weniger, sondern etwas mehr. Was ist also der dritte Stand? Alles, aber ein gefesseltes und unterdrücktes Alles. Was würde er ohne den privilegierten Stand sein? Alles, aber ein freies und blühendes Alles. Nichts kann ohne ihn gehen, aber alles würde unendlich viel besser gehen ohne die anderen."
"Du meinst, wir müssen uns gegen sie stellen?"
"Nein, nicht unbedingt. Wir müssen unsere Ketten abwerfen. Der dritte Stand ist der starke und kernfeste Mann, dessen einer Arm noch angekettet ist. Lasst uns zu einem vereinten Körper im Kaiserreich werden!
Denn, was ist der dritte Stand? Alles.
Was ist er bis jetzt im Reich gewesen? Nichts.
Was verlangt er? Etwas darin zu werden."
Auch wenn sich der Abend für die Debattierenden zweifellos noch weiter hinzog, für diejenigen, die Augen haben, um zu sehen, und Ohren, um zu hören, war Folgendes sonnenklar: es brodelte mächtig im Getriebe des Kaiserreiches und die Zeichen standen auf Umbruch!